Indian #7 | de

Indische Musik

Im Wesentlichen hört man in Indien drei Arten von Musik:

* klassische Musik: kultivierter Musikstil, der im Westen besonders bekannt geworden ist, in Indien aber etwa den gleichen Stellenwert hat wie westliche Klassik in Europa.
* volkstümliche Musik: regional sehr unterschiedliche Lieder, die meist religiösen Ursprungs sind und vor allem bei Festen und in den Tempeln gesungen und gespielt werden.
* Popmusik: alltäglich gespielte Hits, die größtenteils aus neuen und alten Kinofilmen à la Bollywood stammen und oft auch Elemente klassischer und volkstümlicher Musik enthalten.


Die klassische indische Musik ist modal (d.h. sie basiert auf einem einzigen Grundton) und duldet im Grundsatz nur ein Melodieinstrument. Innerhalb eines von strengen überlieferten Regeln gesetzten Rahmens bietet sich ein breiter Raum für Interpretation. Im Solospiel arbeitet der Musiker einen musikalischen Gedanken aus und entwickelt diesen im zeitlichen Verlauf des Stückes aus dem Wechselverhältnis von Freiheit und Disziplin. Die Musik spricht mit einer Stimme. Der mehrstimmige Klang eines europäischen Orchesters würde in der indischen Musik als unverständliches Stimmengewirr verstanden. Einen Dialog gibt es nur zwischen Melodie- und Rhythmusinstrument.

Rhythmusinstrumente in Nordindien sind die Tabla, das führende Perkussionsinstrument in der populären und klassischen Musik, oder die Pakhawaj. Ähnliche Instrumente finden sich in Südindien, wie das Mridangam oder der Ghatam (Tonklangkörper). Sie stehen gleichberechtigt neben dem Hauptinstrument und dürfen nicht als rhythmische Begleitung verstanden werden. Die Rhythmik der indischen Klassik ist der Melodieführung nicht untergeordnet, vielmehr gestaltet ein Perkussionist in dem System von rhythmischen Zirkeln (s.g. Talas) - in einem wechselseitigen Dialog - das Improvisationsspiel aktiv mit.

Die Aufteilung des Tonumfangs einer Oktave - wie in der westlichen Musikkultur in Ganztöne/Halbtöne mit sieben Hauptnoten (C, D, E, F, G, A, H, C) ist in der indischen Klassik gänzlich unterschiedlich strukturiert. Der gleiche Tonumfang wird in 66 mikrotonale Abstufungen gleicher Frequenzabstände, die Shrutis unterteilt. Alternativ wird in Indien ein reduziertes System von 22 Mikrotönen verwendet. Der Tonumfang der westlichen Oktave wird in der indischen Musik durch die s.g. Sargam Syllables (Sa, Re, Gha, Ma, Pa, Dha, Ni, Sa') abgebildet. Hier hat man sich mit sieben (7) Tonstufen (Sa - Sa') - aus der geschichtlichen Entwicklung durch die englische Besatzung bis zur Unabhängigkeit Indiens im Jahr 1947 - an das westliche Notationssystem angenähert. Der Begriff Grundton, wie er in den westlichen Musiksystemen in den Dur- und Moll-Tonarten verwandt wird, existiert in der indischen Klassik nicht. Das Syllabel "Sa" wird generell als Ausgangsstufe für die Entwicklung der Ragaskalen verwendet, unabhängig von der Tonhöhe. So kann Sa für eine bestimmte Ragainterpretation auf der Tonhöhe von "C" liegen, für andere Ragaskalen wird "Es" usw. als Ausgangslage verwendet.

Neben der nord- und südindischen Klassik gibt es in der kulturellen und sprachlichen Vielfalt Indiens mit mehr als 25 offiziellen Landessprachen, unterschiedlichen Klimazonen und sozialen Schichtungen eine entsprechende Schattierung von Ausdrucksformen der volkstümlichen Musik. Während die indische Klassik in dem Charakter eines Kammerspielensembles präsentiert, wird die volkstümliche Spielweise vorzugsweise bei Hochzeiten und anderen Festen gewählt.

Die Dhol, eine indische Trommel, die besonders in den ländlichen Gebieten Nordindiens verwendet wird, stößt zwischenzeitlich im Ausland als Repräsentant der indischen Volksmusik auf ein großes Echo (Interpreten sind beispielsweise The Dhol Blasters).
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