Village People | de

8    0

The Village People sind eine US-amerikanische Disco-Band, die in den späten 1970er Jahren entstanden ist.

Ihr Markenzeichen sind neben den eingängigen Melodien die Kostüme, mit denen die Bandmitglieder in maskuline Stereotypen schlüpften: der Polizist, der Indianer, der Bauarbeiter, der Soldat, der Cowboy und der Biker/Lederfetischist. Schwule Themen sind, wenn auch weitaus subtiler eingewoben, ebenfalls in den Texten und Songtiteln zu finden. Ihre Gassenhauer (Y.M.C.A., In the Navy, Macho Man, Go West) werden auch heute noch oft gespielt.

Werdegang

Gründung

Die Band wurde vom französischen Produzenten-Duo Jacques Morali / Henri Belolo ins Leben gerufen. Diese sahen im New Yorker Stadtteil Greenwich Village den als Indianer verkleideten Felipe Rose die Straße hinuntergehen und folgten ihm ins Anvil, eine Gay-Bar, wo er bediente und tanzte. Ein Cowboy schaute Felipe beim Tanzen zu und da begannen die Produzenten über typisch amerikanische Männercharaktere zu fantasieren und über einen Song über das starke Geschlecht, welches die Aufmerksamkeit der Community auslöst. So kamen sie auf die Idee, eine Gruppe von 5 Männern zusammenzustellen, von denen jeder seinen eigenen Charakter hat. Weil die Menschen (engl. people) aus Greenwich Village stammten, welches kurz nur The Village (dt. Das Dorf) genannt wird, kamen sie auf den Bandnamen Village People.

Offizielle Mainstream-Version: Jacques Morali findet Felipe in seinem Indianerkostüm in einer Menge in New Yorks Greenwich Village tanzend. Felipes spezielle optische Attraktivität bringt ihn auf die Idee, eine Gruppe von Village-Ikonen aus verschiedenen amerikanischen sozialen Gruppen zusammenzustellen.

Beim Schreiben der Songs für das erste Album dachte das Autoren- und Produzenten-Duo an Plätze in den USA, an denen es schwules Leben gab. So kamen sie auf Hollywood, San Francisco, Key West (auf dem 2. Album) und Fire Island. Fire Island ist eine kleine Insel bei Long Island und war berühmt für seine "Tea dance partys" am Sonntag um 17 Uhr, wo die besten DJs auflegten.

Für das Komponieren gab es eine Arbeitsteilung. Morali war für die Melodien zuständig, Belolo hatte die Ideen für die Texte und schrieb sie in französisch und/oder schlechtem Englisch. Am Anfang übertrug sie Victor Willis in gutes amerikanisches Englisch, später holte man sich Unterstützung von einem Team von guten Textern wie Phil Hurt und Boris Whitehead. Auch bei der Produzentenarbeit gab es eine grobe Teilung: Moralis war die meiste Zeit im Studio und Belolo kümmerte sich ums geschäftliche.

Bei den Aufnahmen zum ersten Album Village People war nur Victor Willis (Original-Polizist) als Leadsänger dabei. Als Background wurden professionelle Sänger engagiert. Indianer Felipe wurde zu den Aufnahmen als "Maskottchen" eingeladen und kam auch auf die ersten Fotos für das Cover und eine Zeitungsanzeige.

Im Juni 1976, am Abend vor dem Treffen mit Neil Bogart von Casablanca Records (wo dann die meisten Aufnahmen herauskamen) in Los Angeles, ließen sie einen DJ einen Titel spielen. Dieser wählte San Francisco aus und in den ersten Sekunden schien es zuerst ein Reinfall zu werden, da das Publikum von der Tanzfläche ging. Aber als der Refrain einsetzte, kamen alle wieder zurück. So konnten sie selbstbewusst die Verhandlungen antreten.

Das Album wurde ein Untergrunderfolg. Als 100.000 Stück verkauft waren, machten sich die Produzenten daran, eine reale Gruppe zusammenzustellen und warben Glenn Hughes (Biker), Alexander Briley (Soldat), David Hodo (Bauarbeiter) und Randy Jones (Cowboy) an und tourten durch die Clubs.

Als der DJ Franki Crocker (eine Legende in diesem Metier) auf der New Yorker Radiostation WBLS die Songs von Village People zu spielen begann, kam erst der richtige Erfolg.

Musikalische Karriere

Macho Man

Das zweite Album Macho Man kam nur ungefähr zu den Top 20, aber der Titel Macho Man wurde von vielen Radiostationen gespielt und die Band wurde vom Underground-Tip zur Mainstream-Band.

Cruisin' mit Y.M.C.A.

Als sie an den Liedern zum dritten Album arbeiteten, gingen die beiden auf der Straße, und Henri sah das Schild YMCA und fragte, was es sei. Jacques antwortete, dass es ein Platz ist, wo viele Leute hingehen, wenn sie in der Stadt sind. Und dass sie dort gute Freunde finden und dann miteinander ausgehen. Und Henri meinte, darüber könnte man doch einen Song schreiben. So entstand Y.M.C.A. für das dritte Album Cruisin. Das erfolgreiche Musikarrangement dazu stammt von Horace Ott.

Der YMCA (Young Men's Christian Association, dt. CVJM, Christlicher Verein Junger Männer) war zur damaligen Zeit in den USA bekannt für seine Familien-, Unterrichts- und Gesundheitsprogramme, Sommerlager, Sportzentren (einige mit Schwimmhalle, in der bis in die 50er nackt gebadet wurde und viele Amerikaner (nur Männer) schwimmen lernten und die günstigen Jugendherbergen, die in dem Lied angesprochen werden. Das "Y" in New York ist Jugendherberge und Sportzentrum. Auch Basketball und Volleyball wurden im "Y" erfunden und durch die Organisation in der Welt verbreitet.

Damit schaffte die Band den Durchbruch und der Song wurde weltweit in den Charts und in den Clubs Nummer-Eins-Hit, bis auf die Billboard-Charts in den USA, wo sie nur auf dem zweiten Platz landeten, da Rod Stewart mit Da ya think I'm sexy die Spitzenposition besetzte. Zu dem Hit kreierten die Bandmitglieder einen Tanz, bei dem die vier Buchstaben des Titels mit den Armen und Beinen dargestellt werden. Y.M.C.A. ist bis heute einer der kommerziell erfolgreichsten Popsongs der Musikgeschichte. Eingedeutscht wurde der Titel von der Berliner Vokal-Gruppe Sunday (noch bevor Sänger Dieter Bohlen in die Gruppe eingewechselt wurde.) als CVJM (1978, bei Toledo, B-Seite: Bleib noch eine Nacht). Das Album Crusin' bekam Platin und wurde weltweit 5-6 Millionen Mal verkauft.

Go West mit In the Navy

Als Hauptsong für das vierte Album Go West war eigentlich der gleichnamige Songtitel gedacht. Die Vermutung war nicht so falsch, da der Titel 1993 in der Cover-Version von den Pet Shop Boys zum weltweiten Hit wurde.

Damals wurde die Single aber nicht wirklich angenommen, und so versuchte man es mit der Auskopplung von In the Navy. Dieser wurde dann von den Radiostationen gespielt. Zu diesem frühen Zeitpunkt wurden Village People von der US-Navy kontaktiert, da diese Probleme mit der Rekrutierung neuer Soldaten hatte und den Song in einem Radio- und Fernsehwerbespot verwenden wollte. Als Gegenleistung wurde kein Geld, sondern Unterstützung beim Dreh des Videoclips verlangt. 3 Wochen später drehte man in einem der größten Flottenstützpunkte der Welt, der San Diego Naval base in Kalifornien, und bekam ein Kriegsschiff, fünf Flugzeuge (Phantom) und 200 bis 300 Soldaten zur Verfügung gestellt. Zwei Wochen nachdem der Videoclip und die Werbung zum ersten Mal ausgestrahlt wurden, titelte eine große New Yorker Tageszeitung: Die Navy verwendet Steuergelder, um eine Band mit einem Video zu unterstützen. Daraufhin stellte die Navy die Werbekampagne sofort ein. Die Medienaufmerksamkeit war aber eine gute Verkaufsförderung, so dass In the Navy auch ein riesengroßer Hit wurde. Auf der großen Tour mit einer Big Band durch 52 Städte spielte man zweimal im ausverkauften Madison Square Garden in New York und einmal im ausverkauften Felt Forum in Los Angeles.

Die Gerüchte zu dieser Episode gehen von der Annahme, dass der Song im Auftrag der Navy geschrieben wurde, die sich nach einem Neumitgliederboom bei YMCA etwas ähnliches wünschte, bis zur Annahme, dass die Werbung nicht verwendet wurde, nachdem die Navy merkte, dass der Song die gegen Homosexuelle gerichtete Politik der Navy aufs Korn nahm.

Can't Stop the Music

1979, 2 Tage vor dem Drehbeginn, wird Victor Willis durch Ray Simpson ersetzt.

1980 kam der Film Supersound und flotte Sprüche (OT: Can't Stop the Music) heraus, in dem eine erfundene Biografie der Village People erzählt wird. In diesem Werk treten auch 2 andere Schützlinge von Morali und Belolo auf, nämlich David London und The Ritchie Family. In den USA wurden der Film und das Album ein Reinfall, aber in Australien Nummer eins. Belolo meint, dass der Film zu spät, als Disco schon an Popularität verlor, veröffentlicht wurde. Andere kritisieren zusätzlich, dass er ein komplett eindeutig heterosexuelles Bild der Band zeichnet, das keinen Raum für die üblichen Spekulationen lässt. Wie in Australien trat der Popularitätsverlust des Disco auch in Europa 2 Jahre später ein, und so wurde die Platte auch hier ein recht guter Erfolg.

Mit dem Ende der Disco-Ära kam auch das Ende von Neil Bogarts Casablanca Records. 1980 verkaufte er sein Label an PhonoGram (PolyGram Records, Philips & Siemens, heute Universal Music Group). Ab da erschienen die Platten der Village People auf anderen Labels. Neil Bogart starb am 8. Mai 1982 an Krebs und das Label wurde 1984 komplett geschlossen.

1981-1983

Der Mainstreamgeschmack änderte sich von Disco zu New Wave. Deshalb ersetzten sie auch die Kostüme durch einen neuen Look, welcher durch New Romantic inspiriert war und brachten 1981 das Album Renaissance mit dem Song 5 O'clock In The Morning heraus. Sie schafften aber den Wandel nicht und das Album blieb kommerziell erfolglos.

Bei den beiden folgenden Alben (Fox On The Box 1982 bei RCA-Victor, In The Street 1983) wurde der Look wieder maskuliner.

Sex Over The Phone

1985 wurden die Auswirkungen vom 1981 entdeckten AIDS immer sichtbarer und bedrohlicher. Mit Sex Over The Phone (bei Black Scorpio-CBS) griff erstmalig ein Lied die Thematiken AIDS und Safer Sex auf. Es gelang ihnen damit sogar wieder in Deutschland, in die unteren Ränge der Charts zu gelangen, in England gelang es ihnen fast. Mitgeholfen hat möglicherweise auch, dass sie sich auf ihre Wurzeln besannen und wieder die 6 Stereotypen darstellten. Dies war ihr letztes komplett neues Album, danach erschienen nur noch Best-of-Alben, zwei neue Singles und zahlreiche Remixes.

Morali war durch AIDS verängstigt und beschloss, wieder nach Paris in Frankreich zu gehen. Belolo schloss sich ihm an, und sie hörten auf, in den USA zu produzieren. Morali erkrankte dennoch an AIDS, wurde durch den absehbaren Tod verbittert und haderte mit dem Schicksal. Am 15. November 1991 verstarb er in Paris.

Heute

1986 legten sie eine Pause ein, um sich von den Nachteilen des Tourlebens zu erholen, trennten sich und verfolgten ihre individuellen Karrieren. Bis dahin verkauften sie insgesamt 65 Millionen Tonträger (1987 Dance Music Report).

Zwischen 1987 und 1989 (1988 ?) fanden sie sich erneut zusammen, und zwar unter dem Banner der Sixuvus Ltd. ("six of us"). Nun sind sie ihre eigenen Bosse und arbeiten mit der Hilfe eines neuen Management-Teams.

Ihre 3 großen Hits (Y.M.C.A., In the Navy, Macho Man) sind aber bis heute populär, so dass sie bis jetzt immer wieder Auftritte absolvieren, manchmal auch im privaten Rahmen, wenn jemand es sich leisten kann. Im Jahr sind sie 80-120 Tage im Jahr gemeinsam unterwegs. (Daten der öffentlichen Auftritte auf der Webseite.)

1990 landeten sie einen Überaschungserfolg mit der neuen Single Living In The Wildlife in Australien.

Zur Fußball-Weltmeisterschaft 1994 nahmen sie zusammen mit der deutschen Nationalmannschaft die Titel Far Away In America und United We'll Go auf. Die Single erreichte die unteren Chartränge in Deutschland.

1999 brachten die Pet Shop Boys New York City Boy (auf dem Album Nightlife und als Single) - gemäß deren Aussage als Hommage an die Village People - heraus. Er ahmt den klassischen Village People- und Morali/Belolo-Discosound nach und wurde in Zusammenarbeit mit dem Remixer David Morales produziert.

Glenn Hughes, der erste Biker, starb am 4. März 2001 an Lungenkrebs. Auch wenn er nach 1995 nur mehr zum 20jährigen Jubiläum (1997?) auftrat, war er die Village People für die tausenden Fans, mit denen er in regem Mailkontakt stand.

Von 2004 bis April 2005 tourten sie als Vorgruppe bei Chers Farewell-Tour.

Vom 18. Juli bis zum 20. Juli 2004 traten sie als Opener bei drei Shows der Ärzte in der Berliner Wuhlheide auf.

Unter dem Namen The Amazing Veepers haben sie zwei neue Singles aufgenommen: Gunbalanya (5 verschiedene Mixes) und Loveship 2001 (vier verschiedene Mixes).

Die Bandmitglieder

Felipe Rose (Indianer)
Felipe Rose ist wirklich indianischer Abstammung und arbeitete im Anvil, einer Gay-Bar im Greenwich Village, als er von Morali entdeckt wurde. Heute lebt er mit seinem langjährigen Lebensgefährten Charles Sadler in Richmond und führt ein Plattenlabel für native amerikanische Musik, wofür er schon einige Preise bekommen hat. In der Band war er vor allem für die Tanzchoreographien maßgeblich verantwortlich.

Victor Willis (Polizist, orig.)
Als Victor Willis für die erste Platte der Village People engagiert wurde, hatte er gerade ein Engagement im Musical The Wiz (of Oz, dt. Das zauberhafte Land) am Broadway. Er half Belolo, die ersten Songs in gutes amerikanisches Englisch zu fassen und war auch Co-Autor bei Macho Man und In The Navy. 1978 heiratete er die Schauspielerin Phylicia Allen (heute Phylicia Rashad), besser bekannt als Claire Huxtable in der Bill-Cosby-Show. Die Ehe hielt aber nur 2 Jahre. In der Band wurde er 1979 ersetzt, weil er vor den Auftritten immer Kokain konsumierte. 1997 wurde er wegen eines Raubüberfalls und Kokainbesitzes verhaftet. Heute (2006) lebt er in einem Trailerpark in Daly City (südlich von San Francisco) und wurde wiederholt verhaftet. Aktuell sieht Victor Willis einer bis zu 4 1/2-jährigen Haftstrafe wegen illegalem Waffenbesitzes sowie Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz entgegen.
Seit dem 26. März 2006 befindet sich Victor Willis in Untersuchungshaft, nachdem er sich trotz Absprache mit der Staatsanwaltschaft den Ermittlungsbehörden entzog.

Alexander Briley (Soldat)

David "Scar" Hodo (Bauarbeiter, orig. & akt.)

Glenn R. Hughes (Biker, orig.)
Glenn R. Hughes wurde am 18. Juli 1950 geboren. Als er 1977 auf eine Anzeige von Morali antwortete, in der nach Sängern im Macho-Look mit Schnauzbart gesucht wurde, arbeitete er gerade als Kassierer an der Mautstelle vom Brooklyn Battery Tunnel. Auf diese Begebenheit wird auch im Kinofilm "Can't Stop The Music" bezug genommen.
Hughes begleitete die Gruppe bis zu seinem Ausstieg. Seit Begin der 90er Jahre arbeitete Hughes nebenbei kabarettistisch und verließ schließlich 1996 Village People, um sich ganz seinem erfolgreichen kabarettistischen Programm in New York City zu widmen. Nebenbei betreute er aber das Mailpostfach der Village People. Eines seiner liebsten Hobbys war es, mit seinem Custom-Bike, einer Harley Davidson, durch die Straßen von New York City zu fahren. Glenn R. Huges verstarb am 4. März 2001 im Alter von 50 Jahren in seiner Wohnung in Manhattan an Lungenkrebs. Auf eigenen Wunsch wurde er in seiner Lederkluft beerdingt. Er hinterlässt keine unmittelbaren Verwandten.

Randy Jones (Cowboy, orig.)

Ray Simpson (Polizist, akt.)

Eric Anzalone (Biker, akt.)

Jeff Olson (Cowboy, akt.)

Diskussion um das Verhältnis der Band zu Schwulen

Die Fragen "Warum werden die Village People von Schwulen besonders verehrt?" und "Ist die Band ein Beispiel für die Verbindung der Themen Homosexualiät und Kunst?" werden bei keiner anderen Band schon so lange und so oft gestellt. Dazu gibt es zwar keine offensichtliche Antworten, jedoch hintergründig existieren viele Einzelheiten, die Anlass zu solchen Diskussionen bieten. Die Tatsache, dass ihr öffentliches Selbstverständnis das einer Mainstreamband ist, sagt wenig aus wenn man bedenkt, dass um größeren Erfolg zu haben, ein großer Druck bestand, sich als Mainstream darzustellen.

Hintergründe

Acht Jahre vor der Gründung der Band widersetzte sich 1969 erstmals eine größere Menge Schwuler im Stonewall Inn den Schikanen und Beleidigungen der Polizei, was der Beginn der ab dann nicht mehr unterwürfigen Schwulenbewegung war. In den Schwulenvierteln herrschte somit Aufbruchstimmung, der Drang nach Freiheit. Village People haben außerdem damals schon positiv, aufmunternd oder neutral über das schwule Leben berichtet und nicht über die Probleme des schwulen Lebens.

Einige der angesagten Clubs in und um New York wurden vor allem von Schwulen besucht (the Botel und the Sandpiper auf Fire Island, the Sanctuary, the Loft und Studio 54 ('Dress spectacular') in der Stadt). Diese bestimmten durch viele ausgezeichnete DJs stark den Trend und waren bei ihnen beliebt, da die Community experimentierfreudiger im Musikgeschmack war und man so neue Platten oder Reihenfolgen ausprobieren konnte, ohne gleich alle von der Tanzfläche zu verjagen. Die anderen Clubs waren meist konservativer, viele sehr elitär und man musste sich dort als DJ mehr an die etablierten Hits halten.

Über den Absatz bin ich mir noch im unklaren. Die Theorie gibt es auf jeden Fall.
Was begeisterte viele Schwule an der Glimmer- und Glamourwelt des Disco und des Films? Eine gewisse Flucht aus dem täglichen Leben, wo man von vielen nur mehr oder minder stark als "perverse schwule Sau" oder "armer kranker Homo" gesehen wurde und im Beruf oder vielleicht auch in der Familie und bei Freunden darauf aufpassen "musste", sich nichts anmerken zu lassen. Ein Ort der Freiheit, wo man sich nicht verstellen muss. Weiters durch das Doppelleben, Ächtungen und von der Gesellschaft übernommene, internalisierte Homophobie angekratzte Selbstbewusstsein durch besonders showartige Auftritte aufzupolieren und auch für das sonst versteckte zweite Ich Beachtung zu finden. Manche lebten diese Exhaltiertheit im täglichen Leben wie z.B. Rudolph Moshammer. „Schwule schämen sich ihrer Veranlagung, denn man hat ihnen in jahrhundertelanger christlicher Erziehung eingeprägt, was für Säue sie sind. Deshalb flüchten sie weit weg von dieser grausamen Realität in die romantische Welt des Kitsches und der Ideale. Ihre Träume sind Ilustriertenträume, Träume von einem Menschen, an dessen Seite sie aus den Widrigkeiten des Alltags entlassen werden in eine Welt, die nur aus Liebe und Romantik besteht.“ (bewusst provokantes Zitat aus dem Film Nicht der Homosexuelle... von Rosa von Praunheim, Deutschland, 1970. Das ist zwar 7 Jahre zuvor, aber in einer komplexen Gesellschaft, einer großen Gruppe, ändert sich nicht alles so schnell.). Das ganze kann in anderer Konstellation klarerweise auch für Heteros gelten, trat dort aber nicht in dem Prozentsatz und selten in der Stärke auf. Wenn man sowieso schon wie ein regenbogenfarbenes Zebra bestaunt wird, dann kann man gleich etwas Großes daraus machen.

Explizit schwule Themen, in als solchen erkannten Texten, werden von Heteros nicht so schnell auf die eigene Situation umgelegt, wie dies bei heterosexuellen oder allgemeinen formulierteren Themen durch Schwule, die wenig andere Möglichkeiten haben, geschieht. Sich wirklich erfolgreich über Konventionen hinwegzusetzen gelang erstmals 1984 in Europa der englischen Band Bronski Beat mit Smalltown Boy und Why, wobei ersterer den Platz 48 in den US-Charts erlangen konnte. Noch heute lehnen manche (vor allem Amerikaner) z.B. die Pet Shop Boys komplett oder nur bestimmte Lieder als "zu schwul" ab. Im deutschsprachigen Raum kam 1976 das Lied Denn ich will (dass es alles gibt, was es gibt) von Andre Heller heraus, welches sehr offen die gleichgeschlechtliche Liebe, aber auch zusätzlich die Sodomie, nicht abwertend thematisiert.

Schwule sind es oft gewohnt, zwischen den Zeilen zu lesen, da das Thema der mannmännlichen Liebe selten offen angesprochen wurde. In Literatur und Film war es gang und gebe, oft nur verklausulierte Andeutungen zu machen (The celluloid closet), da sonst die Zensur eingeschritten wäre, und das auch bei harmlosen Szenen, die in heterosexuellem Kontext sonst unbeanstandeten geblieben wären. Auch bei der Partnersuche außerhalb der Szene bedient man sich manchmal dieser Technik und wartet ab, wie die Antwort ausfällt. „Do you know a gay place?“ (dt. hetero: „Kennen Sie einen Ort, an dem man sich amüsiert?“ / schwul: „Kennen Sie einen schwulen Or...

Alle Alben

Top-Alben

Ähnliche Künstler