Maurice Ravel | de

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Joseph-Maurice Ravel (* 7. März 1875 in Ciboure, Département Pyrénées-Atlantiques; † 28. Dezember 1937 in Paris) war ein französischer Komponist und neben Claude Debussy Hauptvertreter des Impressionismus in der Musik.

Leben

Herkunft

Maurice Ravel wurde als erster von zwei Söhnen geboren. Sein Vater stammte aus Versoix in der französischen Schweiz und war von Beruf Ingenieur. Sein Lieblingsprojekt, in das er viel Zeit und Geld investierte, war die Weiterentwicklung des Gasmotors (Explosionsmotors). Mit dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 zerschlugen sich jedoch seine Hoffnungen, das Projekt jemals vollenden zu können. Er hielt sich zeitweilig in Spanien auf, wo er Marie Delouart, eine Baskin, kennen lernte. Das Paar heiratete 1873 und ließ sich im französischen Teil des Baskenlandes in der Nähe von Biarritz nieder. Kurz nachdem Maurice geboren war, siedelte die Familie noch 1875 nach Paris über, wo der Vater eine Anstellung gefunden hatte. Sein Bruder Edouard (dieser wurde übrigens Ingenieur wie sein Vater) kam 1878 auf die Welt.

Jugendjahre

Den ersten Klavierunterricht erhielt Ravel mit sieben Jahren. Die Idee, eine Laufbahn als Musiker anzustreben, kam früh und wurde von den Eltern unterstützt. Mit 13 erhielt er an einer privaten Musikschule Klavierunterricht und Unterweisung in Harmonielehre. Sein Lehrer Émile Descombes war Schüler bei Frédéric Chopin gewesen. 1888 lernte Ravel den Mitschüler Ricardo Viñes kennen, ein junges Pianistentalent aus Spanien. Zwischen beiden entwickelte sich eine tiefe Jugendfreundschaft, die ein Leben lang halten sollte.

Am 4. November 1889 traten Ravel und Viñes zur Aufnahmeprüfung beim Pariser Konservatorium an. Von 46 Kandidaten wurden nur 19 zu den Klavierklassen zugelassen: Viñes kam in die Klasse der Fortgeschrittenen, bei Ravel reichte es für die Vorbereitungsklasse. Mit der 1891 erreichten Auszeichnung eines Vortrags bei der Zwischenprüfung qualifizierte er sich für die Klasse bei Charles de Bériots, in der auch Viñes unterrichtet wurde.

Lange Zeit spielte Ravel mit dem Gedanken, eine Pianistenlaufbahn einzuschlagen. Aber die Voraussetzungen dafür waren bei ihm nicht optimal ausgeprägt. Wärme, Gefühl und Temperament wurden seinem Spiel zwar bescheinigt, die Bravour anderer Mitschüler erreichte er indessen nicht. Das schien sich auf seine Motivation auszuwirken: Ravel war der sprichwörtliche „faule Hund“. Seine Lehrer nahmen es ihm übel; das schien seine Haltung nur noch weiter zu verstärken. 1893, 1894 und 1895 versagte er in den obligatorischen Zwischenprüfungen und musste die Meisterklasse wieder verlassen. Sein Interesse, Pianist zu werden, war nun endgültig auf dem Nullpunkt angelangt. In späteren Jahren sollte er sich nur noch ans Klavier setzen, um eigene Kompositionen zu Gehör zu bringen – und selbst das nur widerwillig.

Im Januar 1897 kehrte Ravel an das Konservatorium zurück und trat in die Kompositionsklasse von Gabriel Fauré ein, daneben studierte er Kontrapunkt, Fuge und Orchestration bei André Gédalge (Lehrer von Jacques Ibert, Arthur Honegger und Darius Milhaud). Fauré war es auch, der Ravel Zutritt zu den mondänen Salons des damaligen Paris ermöglichte. Über die Erlebnisse spottete Ravel zwar gemeinsam mit Viñes, aber als mittlerweile ausgeprägter Dandy konnte er den Abenden dort auch etwas abgewinnen. Seine im Salon kultivierten blasierten, zynischen Auftritte mit plissiertem Hemd und Monokel irritierten sogar seinen besten Freund Viñes. Auf die Frage, welcher Schule oder Strömung er angehöre, pflegte Ravel zu antworten: „Überhaupt keiner, ich bin Anarchist“.

Prix de Rome

Erste Anläufe

Zu den größten Enttäuschungen Ravels zählt die Tatsache, dass er sich fünf Mal um den „Prix de Rome“ bewarb, doch immer scheiterte. Der „Prix de Rome“ war damals die höchste Auszeichnung für junge französische Komponisten. Im Januar eines jeden Jahres gab es eine Zulassungsprüfung; wer diese bestand, musste sich im Mai einer Vorrunde stellen, in der eine vierstimmige Fuge und ein Chorwerk nach verbindlich vorgegebenem Text verlangt wurden, die in sechs Tagen in Klausur zu fertigen waren. Nur maximal sechs Teilnehmer wurden zur Schlussrunde zugelassen. Hier bestand die Aufgabe in der Vertonung eines ebenfalls vorgegebenen Textes als zwei- oder dreistimmige Kantate. Der Gewinner des „Prix de Rome“ – der erste Preis wurde aber nicht zwingend vergeben – erhielt ein vierjähriges Stipendium für den Besuch der „Académie des Beaux-Arts“.

Im Jahr 1900 bewarb Ravel sich zum ersten Mal. Im März 1900 schrieb er einem Freund:

„Ich bereite mich derzeit auf den Rompreis-Wettbewerb vor und habe mich ganz ernsthaft an die Arbeit gemacht. Mit der Fuge klappt es inzwischen ziemlich leicht, was mir freilich einige Sorgen macht, ist die Kantate.“

Doch Ravel schied schon in der Vorrunde aus; der Preis ging an seinen Freund Florent Schmitt.

„Gédalge hielt meine Orchestration für geschickt und elegant. Und das alles für einen Reinfall auf ganzer Linie. Als Fauré sich für mich einzusetzen versuchte, versicherte ihm Monsieur Dubois (Direktor des Konservatoriums), er mache sich über meine musikalische Begabung Illusionen.“

resümierte Ravel resigniert.

Im gleichen Jahr scheiterte die Teilnahme an einem weiteren Fugenwettbewerb mit null Punkten noch verheerender. Dubois urteilte: „Unmöglich, wegen schrecklicher Nachlässigkeiten in der Schreibweise.“ Infolgedessen wurde Ravel aus der Kompositionsklasse Faurés relegiert.

Da aber auch Nicht-Studenten sich um den „Prix de Rome“ bewerben durften, nahm Ravel 1901 einen neuen Anlauf. Diesmal schaffte er es bis in die Schlussrunde, musste sich aber am Ende mit einem Kommilitonen den zweiten Preis teilen. Der Sieger hieß André Caplet, den Ravel wiederum als mittelmäßig bezeichnete.

„Fast das ganze Auditorium hätte mir den Preis gegeben.“

notierte er später. So sah es wohl auch Camille Saint-Saëns, der an einen Kollegen schrieb:

„Der dritte Preisträger, ein gewisser Ravel, scheint mir das Zeug zu einer ernsthaften Karriere zu haben.“

1902 und 1903 versuchte Ravel es erneut – und ging leer aus.

Der Eklat

Seine letzte Teilnahme vor Erreichen des Bewerbungshöchstalters ging Ravel 1905 an. Obwohl er als Favorit für den Preis galt, katapultierten ihn zahlreiche Verstöße gegen Satz- und Kompositionsregeln schon in der Vorrunde aus dem Wettbewerb. Den Preis gewann Victor Gallois. Ravels „Fall“ löste eine heftige öffentliche Diskussion aus, weniger über die von ihm vorgelegten Kompositionen als vielmehr über die Frage, wie der Konservatoriums- und Wettbewerbsbetrieb eigentlich gehandhabt wurde. Der in der Presse als „Ravel-Affäre“ bezeichnete Skandal führte letztlich zum Rücktritt von Dubois als Direktor des Konservatoriums. Der Schriftsteller und Musikkritiker Romain Rolland schrieb am 26. Mai 1905 an den Direktor der Académie des Beaux-Arts, Paul Léon:

„Ich vertrete in dieser Affäre absolut keine Interessen. Ich bin kein Freund Ravels. Ich kann sogar behaupten, dass ich persönlich seiner subtilen und raffinierten Kunst keine Sympathie entgegenbringe. Aber der Gerechtigkeit halber muss ich sagen, dass Ravel nicht nur ein vielversprechender Schüler ist, er ist heute schon einer der meistbeachteten jungen Meister unserer Schule, die nicht viele davon aufzuweisen hat. (…) Ravel bewirbt sich um den Rompreis nicht als Schüler, sondern als ein Komponist, der sein Können bereits unter Beweis gestellt hat. Ich bewundere die Komponisten, die es gewagt haben, über ihn zu urteilen. Wer wird nun über sie urteilen?“

Der junge Komponist

Wie Rollands Brief zeigt, war Ravel dabei, sich als Komponist einen Namen zu machen, auch wenn viele seiner Werke eine höchst kontroverse Aufnahme fanden. Gemessen an der Zahl der fertiggestellten Arbeiten waren die Jahre von der Jahrhundertwende bis zum Ersten Weltkrieg seine produktivste Zeit. Hatte er bis dahin fast ausschließlich Klavierstücke und Lieder geschaffen, erschloss er sich mit der Orchesterouvertüre „Shéhérazade“ , dem F-Dur-Streichquartett, der Oper „L'Heure Espagnole“, der Rhapsodie espagnole (durch die Ravel Manuel de Fallas Aufmerksamkeit erregte) und der im Auftrag Djagilews komponierten Ballettmusik „Daphnis et Chloé“ jetzt auch größere musikalische Formen. 1913 lernte Ravel Strawinsky kennen, mit dem er bei einer Bearbeitung von Mussorgskis unvollendeter Oper „Chowanschtschina“ zusammenarbeitete.

Der Erste Weltkrieg

Beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde Ravel von der allgemeinen patriotischen Begeisterung ergriffen. Sein Bruder Edouard war eingezogen worden, und Ravel, den man als jungen Mann wegen seiner geringen Körpergröße als dienstuntauglich eingestuft hatte, bemühte sich, ebenfalls zum Militär zu kommen. 1915 wurde er als Kraftfahrer dem 13. Artillerieregiment zugeteilt. In Paris konstituierte sich eine „Liga zur Verteidigung französischer Musik“: Werke deutscher und österreichischer Komponisten sollten geächtet und nicht mehr aufgeführt werden. Ravel hielt davon nichts. Er äußerte:

„Es wäre meiner Meinung nach sogar gefährlich für die französischen Komponisten, systematisch die Produktion ihrer ausländischen Kollegen zu ignorieren und so eine Art nationaler Clique zu formieren. Unsere derzeit so reiche Tonkunst würde unweigerlich degenerieren und sich in schablonenhaften Formeln einschließen. Mich kümmert es wenig, dass zum Beispiel Monsieur Schönberg Österreicher ist. (…)“

Verlust

1916 erkrankte Ravel an der Ruhr und trat einen Genesungsurlaub in Paris an. Kurz darauf, am 5. Januar 1917, starb Ravels Mutter im Alter von 76 Jahren, ein für Ravel unersetzlicher Verlust. Er hatte bis dahin immer mit ihr unter einem Dach zusammengelebt. Aber auch ihr Tod konnte ihn nicht dazu bewegen, ein eigenes Domizil aufzuschlagen. Stattdessen zog er nach dem Krieg mit seinem Bruder Edouard zusammen. Als dieser aber 1920 überraschend heiratete, war das Zusammenleben auch nicht mehr möglich. 1921 kaufte Ravel schließlich 30 Kilometer von Paris entfernt in Montfort-L’Amaury die Villa „Le Belvédere“, in der er bis zu seinem Tod lebte. Ravel blieb trotz mehrerer längerer Liebesbeziehungen zeit seines Lebens unverheiratet und kinderlos.

Verweigerung

Am 15. Januar 1920 wurde Ravel mit der Nachricht konfrontiert, für den Orden eines „Ritters der Ehrenlegion“ („Chevalier de la Légion d’honneur“) nominiert worden zu sein. Ravel wollte das gar nicht und meinte erbost:

„Was für eine lächerliche Geschichte. Wer mag mir wohl diesen Streich gespielt haben?“

Die unwillkommene Ehrung bügelte er gegen den Rat seiner Freunde gleich auf seine Weise ab: Er bezahlte einfach die mit der Nominierung anfallenden Gebühren nicht. So wurde er automatisch von der Kandidatenliste entfernt. Das ungebührliche Verhalten löste indessen eine aufgeregt geführte öffentliche Diskussion aus, an der er sich aber nicht beteiligte. Warum er sich der Auszeichnung verweigerte, ist nicht geklärt. Anderen Ehrungen hat er sich nicht entzogen: Im Oktober 1928 nahm er gern die Ehrendoktorwürde der Universität Oxford entgegen. Manche halten seine Weigerung für eine späte Rache wegen des ihm nie zuerkannten Rompreises.

Lebensende

Wann genau die Krankheit begann, die Ravels letzte Lebensjahre überschattete, ist nicht gesichert. Ebenso konnte die Ursache seiner Erkrankung bis heute nicht abschließend geklärt werden. Vermutet wurden unter anderem ein Hirnschlag, Morbus Pick, eine Demenzerkrankung oder ein Hirntumor. Schon Mitte der 20er Jahre hatte er wiederholt über Schlaflosigkeit und langanhaltende, unerträgliche Kopfschmerzen geklagt. Erschöpfungszustände, angesichts derer die Ärzte ihm rieten, eine längere Pause einzulegen, überspielte er mit einer geradezu hektischen Aktivität, die in zahlreiche Konzertreisen durch Europa mündete, auf denen er seine Werke als Dirigent und Pianist vorstellte. 1928 unternahm er eine viermonatige Tournee durch die USA und Kanada, die ihn durch 25 Städte führte. Der Umfang seines kompositorischen Schaffens nahm dagegen ab.

Ein Autounfall am 8. Oktober 1932, den er als Fahrgast eines Taxis in Paris mit Brustkorbquetschung und Schnittwunden überlebte, bedeutete für sein Leben eine Zäsur. Einen Zusammenhang zwischen dem Vorfall und seinem Leiden scheint es zwar nicht zu geben, doch verschlimmerten sich seitdem die bedenklichen Anzeichen eines Verfalls. Störungen in der Bewegungsmotorik machten es ihm bald nicht einmal mehr möglich, seinen Namen zu schreiben – geschweige denn Noten. Auch die sprachlichen Fähigkeiten ließen stark nach, und er verlor die Fähigkeit zu komponieren. Gegen eine Demenzerkrankung spricht, dass Ravel bis zuletzt bei klarem Verstand war und seinen Verfall beobachtete, als stecke ein Fremder in ihm. Verzweifelt äußerte er:

„Ich habe noch so viel Musik im Kopf. Ich habe noch nichts gesagt. Ich habe noch alles zu sagen.“

Am 17. Dezember 1937 begab Ravel sich in die Klinik des berühmten Neurochirurgen Clovis Vincent, um durch eine Schädeloperation dem Verdacht auf einen Gehirntumor nachzugehen. Ein Tumor wurde bei der Operation am 19. Dezember nicht gefunden, das Gehirn wirkte äußerlich normal bis auf eine Senkung der linken Hemisphäre, die man durch eine Seruminjektion zu behandeln suchte. Ravel erwachte aus der Narkose, fragte nach seinem Bruder, sank aber bald darauf in ein tiefes Koma, aus dem er nicht mehr erwachte. Am Morgen des 28. Dezember 1937 hörte sein Herz auf zu schlagen. Am 30. Dezember wurde er auf dem Friedhof von Levallois Perret im Westen von Paris neben seinen Eltern begraben.

Musikalisches Schaffen

Arbeitsweise und Stil

Ravel arbeitete seine Kompositionen mit größter Sorgfalt und Detailversessenheit aus und benötigte deshalb oft lange zu ihrer Fertigstellung, obwohl er sich wünschte, ähnlich fruchtbar sein zu können wie die von ihm bewunderten großen Komponisten. Igor Strawinsky nannte ihn wegen der Kompliziertheit und Genauigkeit seiner Werke einmal den „Schweizer Uhrmacher“ unter den Komponisten. Die frühen Druckausgaben seiner Werke waren weit fehlerhafter als seine minutiös gearbeiteten Manuskripte, und Ravel arbeitete mit seinem Verleger Durand unermüdlich an ihrer Verbesserung. Während der Korrektur von L'enfant et les sortilèges schrieb er in einem Brief, nachdem schon zahlreiche Korrektoren das Werk durchgesehen hätten, finde er immer noch zehn Fehler auf jeder Seite.

An Ravels Musik wird vor allem die Kunst der Harmonik und der subtilen Klangfarben gerühmt. Ravel selbst betrachtete sich in mancher Hinsicht als Klassizisten, der seine neuartigen Rhythmen und Harmonien gern in traditionelle Formen und Strukturen einbettete, wobei er häufig die strukturellen Grenzen durch unmerkliche Übergänge verwischte.

In der Pavane pour une infante défunte (siehe Noten und Bild:Loudspeaker.pngHörbeispiel) wird der moderenen Harmonik aus Sept- und Septnonakkorden sowie dem "flirrenden", impressionistischen orchestralen Kolorit des Werkes auf weiten Strecken durch eine einprägsame, in klarer Periodik gegliederte Melodie ein Teil der Radikalität genommen. Dabei ist im zweiten um ein Achtel verlängerten Zweitakter das oben erwähnte "Verwischen struktureller Grenzen" zu beobachten. Ravel äußerte sich zu diesem Thema selber folgendermaßen: "Was nicht leicht von der Form abweicht, entbehrt des Anreizes für das Gefühl - daraus folgt, daß die Unregelmäßigkeit, daß heißt das Unerwartete, Überraschende, Frappierende einen wesentlichen und charakteristischen Teil der Schönheit ausmacht." Weitere Beispiele dafür sind seine Valses nobles et sentimentales (inspiriert durch Schuberts Valses nobles und Valses sentimentales), deren sieben Sätze ohne Pause aufeinander folgen, seine Kammermusik, in der viele Sätze die Form eines Sonatenhauptsatzes ohne deutliche Unterscheidung von Durchführung und Reprise haben, sowie das Menuett aus dem stilistisch an die französischen Clavecinisten angelehnten Klavierstück Le Tombeau de Couperin (siehe Noten und Bild:Loudspeaker.pngHörbeispiel).

Impressionistische Einflüsse werden hier durch die Verwendung von großen Septakkorden (zweites Viertel Takt 1), Moll-Septnonakkorden (drittes Viertel Takt 2), scheinbar funktionslos gereihten Moll-Akkorden (h-moll, a-moll, d-moll, h-moll, fis-moll in Takt 9 bis 12) sowie die zeitweilige Aufhebung der für ein Menuett typischen schreitenden Bewegung (Takt 3, Takt 9 bis 11) deutlich.

Als Orchestrator studierte Ravel sorgfältig die Möglichkeiten jedes einzelnen Instruments. Seine Orchestrierungen eigener und fremder Klavierwerke, wie Mussorgskis „Bilder einer Ausstellung“, bestechen durch Brillanz und Farbenreichtum.

Einflüsse und Beziehungen

Vorbilder

Ein großes Vorbild für Ravel war der Komponist Emmanuel Chabrier. 1893 hatten Ravel und Viñes die Gelegenheit erhalten, ihm vorzuspielen. Von dieser Begegnung sprach Ravel auch später immer wieder voll Stolz und Rührung. Chabrier gehört zu den Musikern, die Ravel in der Anfangszeit stark beeinflusst haben. Ravel schreibt in seinen autobiografischen Skizzen von 1928:

„Meine ersten, unveröffentlicht gebliebenen Werke stammen aus der Zeit um 1893. (…) Die „Sérénade grotesque“ war deutlich von Emmanuel Chabrier beeinflusst, während die „Ballade de la reine morte d’aimer“ unter dem Einfluss Saties stand.“

In diesem Zitat fällt auch der Name des zweiten Komponisten, dem Ravel unbegrenzte Bewunderung entgegen brachte: Erik Satie. Dessen archaische Akkord-Rückungen, sein karger Stil, der im diametralen Gegensatz zu den überladenen Klängen des hochaktuellen „Wagnerianisme“ standen, faszinierten ihn. Über ihn schreibt Ravel:

„Satie war eher ein Neuerer und ein Pionier – wenn nicht gar ein Extremist – als ein Komponist unvergänglicher Meisterwerke. Er nahm den Impressionismus à la Debussy vorweg, ging durch ihn hindurch und war einer der ersten, der sich wieder von ihm entfernte.“

Ravel schrieb seinem Kontrapunkt-Lehrer André Gédalge großen Einfluss auf die Entwicklung seiner kompositorischen Fähigkeiten zu. Er erklärte auch einmal, er habe kein Stück geschrieben, das nicht von Edvard Grieg beeinflusst sei.

Ravels Distanz zu Wagners Stil bedeutet nicht, dass Ravel ihn nicht geschätzt hätte. Von vielen Aufführungen hat er sich mitreißen lassen, beeinflusst haben sie sein Schaffen indessen nicht.

Claude Debussy

Distanzierte Freundschaft

Wann genau Ravel Claude Debussy begegnet ist, ist nicht bekannt. Es dürfte um 1901 gewesen sein. Ravel hegte durchaus Bewunderung für die Werke des zwölf Jahre älteren Debussy, dieser indessen zeigte umgekehrt kein besonderes Interesse. Beide hatten aber regelmäßigen – wenn auch distanziert höflichen – Kontakt, und bei einem neuen Streichquartett Ravels, von dem Fauré gemeint hatte, er solle es dringend überarbeiten, beschwor Debussy ihn wohlwollend, keine Note daran zu ändern.

Den Bruch zwischen beiden initiierte der mächtige Musikkritiker Pierre Lalo, der erstmals am 30. Januar 1906 und nachfolgend in weiteren Kritiken sich in Andeutungen erging, Ravel täte nichts anderes, als Debussy zu kopieren. Er behauptete es zwar nicht direkt, setzte aber den Namen Ravel so häufig in einen bestimmten Kontext, dass keine andere Schlussfolgerung möglich war. Schließlich sah Ravel sich zu einer Gegendarstellung veranlasst, die der Herausgeber von „Les Temps“ auch abdruckte, doch in der gleichen Ausgabe der Zeitung erschien ein weiterer höhnischer Artikel von Lalo unter der Überschrift „Monsieur Ravel verteidigt sich, ohne angegriffen worden zu sein“. In der Folgezeit ließen Ravel und Debussy ihren Kontakt – offensichtlich ohne persönliche Aussprache – fallen. Beide haben später unabhängig voneinander ihr Bedauern darüber ausgedrückt.

Duplizität der Ereignisse

Zweifellos lassen sich bei der Themenwahl einige auffällige Ähnlichkeiten zwischen Debussy und Ravel feststellen. Wegen des Altersunterschieds von zwölf Jahren liegen zwischen den themengleichen Kompositionen häufig einige Jahre. So schrieb Debussy 1892/93 seine „Quatour à cordes“, unter dem gleichen Titel tat es Ravel 1902/03. Seine „Trois Chanson...

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