Bill Evans | de

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William John Evans (* 16. August 1929 in Plainfield, New Jersey; † 15. September 1980 in New York City, New York) war ein amerikanischer Jazz-Pianist, Komponist und Bandleader.

William Evans gilt als einer der einflussreichsten Pianisten des Modern Jazz und war stilbildend für eine ganze Generation von Musikern, zu denen Herbie Hancock, Keith Jarrett, Chick Corea und Brad Mehldau gehören. Stark geprägt von Vorbildern wie Lennie Tristano sowie vom Impressionismus Claude Debussys und Maurice Ravels brachte Evans eine introvertierte und lyrische Sensibilität in den Jazz. In seinen Klaviertrios machte er Bass und Schlagzeug von Begleitern zu gleichberechtigten Partnern. Neben seinem ersten Trio (1958–1961) mit Scott LaFaro und Paul Motian wird vor Allem seine letzte Formation (1978–1980) mit Marc Johnson und Joe LaBarbera als Höhepunkt dieses Zusammenspiels gesehen.

1929–1950: Frühe Jahre

William „Bill“ Evans wuchs in einer Familie des weißen Mittelstands auf. Sein Vater Harry L. Evans betrieb einen Golfplatz und hatte Vorfahren aus Wales. Seine Mutter Mary Saroka Evans entstammte einer (ruthenischen) Bergarbeiterfamilie, die nach Pittsburgh eingewandert war. Sie führte als Amateurpianistin ihre beiden Söhne, den älteren Harry Evans und den jüngeren William, mit sechs Jahren an das Klavier heran. Die Familie besaß ein Instrument, an dem die Söhne abwechselnd übten. Mit zwölf hatte Bill Evans sein erstes Engagement, als er für seinen älteren Bruder in der Band von Buddy Valentino einsprang. In dieser Band spielte gelegentlich auch der junge Don Elliott, der Evans später in seine Band holte. Im Alter von dreizehn Jahren begann Evans zusätzlich Flöte und Violine zu lernen.

Ab dem Herbst 1946 besuchten Bill Evans und sein Bruder Harry das Southeastern Louisiana College in Hammond (Louisiana), das die Eltern wegen des guten Lehrprogramms für Musikstudenten ausgewählt hatten. Dort begann Evans sich für afroamerikanische Musik zu interessieren. Später betrachtete Bill Evans diesen Abschnitt als einen der erfreulichsten in seinem ganzen Leben:

„Ich war damals ganz auf mich allein gestellt, und Louisiana machte wirklich Eindruck. Vielleicht war es die gelassene Art, wie die Leute dort lebten – die Dinge bewegten sich sehr gemächlich. Das übertrug sich schließlich auch auf mich. Es gab einen gewissen freizügigen Lebensstil, ganz anders als der im Norden. Das Verhältnis zwischen Schwarzen und Weißen war freundlich, oft gar vertraulich.“

Evans absolvierte im College ein klassisches Musikstudium; dort lernte Evans auch Mundell Lowe kennen, der ihn dann mit 18 Jahren für sein Trio mit Red Mitchell engagierte. Ende der 1940er Jahre spielte er Boogie-Woogie Piano in New Yorker Clubs; sein Studium am Southeastern Louisiana College, wo er Klavier und Musikpädagogik studierte, schloss er 1950 ab.

Im College hörte er erstmals die Schallplatten des Saxophonisten Lee Konitz und der „Lennie-Tristano-Schule“: „Zum ersten Male erlebte ich, dass ich Jazz hörte, der nicht durch Osmose erlernt war, sondern den Versuch unternahm, etwas [Neues] zu schaffen“.

Eine Schlüsselrolle bei seinen Kompositionsstudien und seiner kompositorischen Entwicklung spielte die Musikprofessorin Gretchen Magee; damals entstandene Stücke wie „Peace Piece“ und „Waltz for Debby“ sind „auf die Unterrichtsmethoden Frau Magees zurückzuführen. Sie brachte Evans damals theoretische Grundkenntnisse und fortgeschrittene Kompositionslehre bei. Ein Brief, den Bill Evans später an Gretchen Magee sandte, verdeutlicht ihren Stellenwert für die Entwicklung des Pianisten. Darin heißt es: „Stets habe ich Ihre Lehrtätigkeit als jene seltene und erstaunliche Kombination bewundert, die außergewöhnliches Wissen mit der Fähigkeit verband, diese Kenntnisse im Inneren eines Studenten zum Leben zu erwecken. Ich bin sicher, dass gerade Sie am College meine größte Inspiration waren, und die Saat der Einsichten, die Sie gesät haben, hat in der Praxis schon viele Male Früchte getragen.“

1950–1955: Der Beginn der Karriere

Im Sommer 1950 trennten sich die Wege der beiden Brüder Evans. Während Harry die Laufbahn eines Musikpädagogen einschlug und später Lehrer in Baton Rouge wurde, beendete Bill sein Querflötenstudium. Danach schloss er sich der Tanzband von Herbie Fields an, bevor er seinen Militärdienst ableistete, indem er bei der 5. Army Band in Fort Sheridan Flöte spielte. Außerhalb seiner Dienstzeit besuchte er die Jazzclubs im nahen Chicago; 1951 spielte er schon bei einem Besuch im New Yorker Café Society mit Tony Scott. Ab 1951 hatte er in Chicago und New York Gelegenheit, sich mit den damals neuesten Strömungen des Modern Jazz vertraut zu machen; nach den Bebop-Jahren beherrschten Pianisten wie Lennie Tristano, Horace Silver, Dave Brubeck die Szene. Prägend für ihn waren aber auch die großen Pianisten der Swingära wie Teddy Wilson, Earl Hines, Art Tatum oder Nat Cole. Evans erinnerte sich später:

„Die ganz frühen Aufnahmen Lennie Tristanos haben mich enorm beeindruckt – Stücke wie ‚Tautology‘ ‚Marshmellows‘ und ‚Fishin’ Around‘. Ich merkte, wie die Musiker seiner Gruppe ihre Improvisationen im Rahmen einer Struktur aufbauten, die ganz anders war als alles, was ich bis dahin gehört hatte. Ich glaube, ich war noch mehr beeindruckt von Lee Konitz und Warne Marsh als von Lennie selber; es war die Art, wie sie die Dinge zusammenbrachten.“

Nach seiner Entlassung aus der Armee beschloss er daher, nach New York überzusiedeln. Zunächst kehrte er aber von Chicago in sein Elternhaus nach New Jersey zurück, um dort seine Klaviertechnik zu verbessern. 1954 arbeitete er mit Jerry Wald, mit dessen Orchester erste Aufnahmen entstanden, populäre Musik wie „Mad About the Boy“ oder Cole Porters „I Love Paris“.

1955 zog er schließlich nach New York, um seine Profikarriere in Angriff zu nehmen. Er bezog eine Wohnung in einem Mietshaus in der 106. Straße und verdiente sein Geld durch Auftritte bei Gesellschaften und Partys. Zu einem Lehrmeister für seine weitere Entwicklung wurde der Bassist George Platt, den er in der Buddy Valentino-Band kennenlernte. Er begann, nebenbei Theorie am Mannes College of Music zu studieren, arbeitete als Begleiter der Sängerin Lucy Reed und hatte erste Auftritte als Solopianist im Village Vanguard als „Lückenfüller“ für die Stars. Ferner machte er Aufnahmen mit Dick Garcia, Tony Scott und George Russell. Er war auch an der Uraufführung von Russells Suite „All about Rosie“ beteiligt und spielte 1956 in dessen Jazz Workshop.

1956–1958: Erste Aufnahmen

Sein erstes Trio-Album New Jazz Conceptions erschien 1956 bei Riverside Records – auf Betreiben des Gitarristen Mundell Lowe, der dem Produzenten Orrin Keepnews Aufnahmen von Evans über Telefon vorspielte. Das Debütalbum enthielt neben Standards wie Porters „I Love You“, Leo Robins „Easy Living“ und Bebop-Stücken von George Shearing und Tadd Dameron („Our Delight“) auch Eigenkompositionen, wie eine frühe Version seines „Waltz for Debby“. Die LP hatte jedoch nur einen geringen Einfluss auf die Jazzgemeinde; Keepnews meinte später, im ersten Jahr nur 800 Exemplare abgesetzt zu haben.

In den kommenden anderthalb Jahren wirkte er an insgesamt 15 Aufnahmesessions mit; er spielte mit Don Elliott, Eddie Costa, Joe Puma und Sahib Shihab, Charles Mingus, Jimmy Knepper, Hal McKusick, Oliver Nelson und Art Farmer. 1957 engagierte George Schuller den Pianisten für sein Third Stream Projekt, das an der Brandeis University aufgeführte Modern Jazz Concert. Über Evans’ Solo in George Russells „All about Rosie“ urteilte seinerzeit der Down Beat:

„Pianist Evans steuert ein bemerkenswertes Solo bei, ungeheuer lebendig und geprägt von einem steten und akzentreichen Rhythmus. Sicher besser als alle anderen Soli dieses Stücks. Ein Beitrag, der ihn zu einem der bedeutendsten Pianisten der heutigen Szene machen dürfte.“

Mingus erinnerte sich im August 1957 an den Pianisten des Schuller-Projektes und schickte ihm ein Telegramm, dass er am nächsten Tag an einer Aufnahmesession mitwirken sollte. Das dabei entstandene Album East Coasting dokumentiert die Ausprägung von Evans’ persönlichem Stil ein Jahr nach seinem Debütalbum. Im Februar 1958 arbeitete er erstmals mit Miles Davis zusammen, mit dem er acht Monate auf Tour ging und den er durch seinen Improvisationsstil stark beeinflusste. 1958 erregte er mit seinem Album Everybody Digs Bill Evans mit den Trio-Partnern Philly Joe Jones und Sam Jones Aufsehen (Down Beats New Star Award). Weitere Mitmusiker waren damals gelegentlich Gerry Mulligan, Nat Adderley und Oscar Pettiford.

In der zweiten Hälfte der 1950er Jahre arbeitete er außerdem als Sideman mit Hal McKusick, Joe Puma, Helen Merrill, Jimmy Knepper, Sahib Shihab, Idrees Sulieman/Pepper Adams (1957), Eddie Costa, Cannonball Adderley, Art Farmer (1958), Bob Brookmeyer, Lee Konitz/Jimmy Giuffre (1959), J. J. Johnson/Kai Winding (1960). In den Linernotes des Albums The Great Kay & J.J. (impulse!), für das Evans Piano spielte, schreibt Dick Katz über Evans: „Er ist einer der wenigen Pianisten seit Art Tatum, die es erfolgreich schaffen, Elemente, die üblicherweise mit europäischer Musik assoziiert werden, in einen gänzlich eigenen und natürlichen Stil zu integrieren.“

1958/59: Die Zusammenarbeit mit Miles Davis

Miles Davis hatte den Pianisten in der Formation von George Russell erlebt und war sehr von ihm beeindruckt. „Sein Anschlag, sein harmonisches Gefühl und die Lyrik seines Spiels war schon vielen Musikern aufgefallen. Außerdem interessierten ihn die Erweiterungen des harmonischen Horizonts, mit denen sich Miles und Russell beschäftigten; er selbst war auf diesem Gebiet ebenfalls aktiv“. Nachdem er ihn engagiert hatte, schwärmte er:

„Boy, ich lerne eine ganze Menge von Bill Evans. Er spielt das Klavier so, wie man es spielen soll. Er spielt alle Arten von Skalen, er spielt im 5/4 Takt und kann alle möglichen phantastischen Dinge. Es ist so ein Riesenunterschied zwischen ihm und Red Garland (…). Red trägt den Rhythmus, aber Bill unterspielt ihn, und das gefällt mir besser.“

Als Pianist im frühen Miles Davis Sextet wurde Evans erstmals einer größeren Öffentlichkeit bekannt. Dieser holte den Pianisten zunächst für eine Tournee in seine Band, in der John Coltrane, Paul Chambers und Philly Joe Jones spielten. Er war zu dieser Zeit der einzige weiße Musiker, den Davis in seine Band aufnahm, und bekam bei Konzerten gelegentlich die Verachtung seiner schwarzen Mitmusiker zu spüren, die Miles vorwarfen, einen weißen Musiker zu beschäftigen. Der Davis-Biograph Eric Nisenson beschrieb, wie der Bandleader „Bill Evans, einen scheuen und in sich gekehrten Mann, aus seiner Reserve zu locken“ versuchte. „Wenn die Musiker zusammensaßen und über etwas diskutierten und Bill auch seine Meinung hören ließ, sah ihn Miles oft verächtlich an, sagte trocken: „Wir brauchen deine weiße Meinung nicht“ und kicherte heiser. Die ersten Male war Evans bestürzt, aber nach einer Weile begann er zu verstehen, dass dies einfach Miles’ beißender Sinn für Humor war. Dadurch, dass er darüber witzelte, wollte er erreichen, dass Bill sich als einziges weißes Mitglied einer schwarzen Band relaxed fühlte.“

Mitte Mai 1958 trat die Band im Cafe Bohemia auf; eine Woche später wirkte Evans an Plattenaufnahmen für Columbia Records mit, für die Davis das Ensemble um Cannonball Adderley zum Sextett erweiterte. Dabei entstand u. a. eine 12-minütige Fassung des Standards „Love for Sale“, „seine wohl beste Arbeit im Rahmen dieser Aufnahmen. Er geht das Thema in seinem Solo zwar vorsichtig an, skizziert oft nur in Fragmenten, spielt aber äußerst zwingend und eindrucksvoll“. Weitere Titel dieser Mai-Session sind „On Green Dolphin Street“, „Fran-Dance“ und „Stella By Starlight“, die von einem „Übergangscharakter“ zum Modalen Jazz bestimmt sind. Mit der Miles Davis Band trat er im Juni 1958 erstmals auf dem Newport Jazz Festival auf, zwei Monate später auf einer Jazzparty der Columbia im New Yorker Plaza Hotel (Jazz at the Plaza, Vol. 1), bei der eine „atemberaubende“ erste Live-Version von „My Funny Valentine“ mitgeschnitten wurde. „Evans macht hier mit seinem Klavierspiel seine Fähigkeit zu romantischen Klavierimprovisationen im linearen Swing deutlich.“

Wegen seiner weißen Hautfarbe war Evans immer noch umstritten; „so brillant Evans auch spielte, sein Engagement bei Davis verursachte Kontroversen in Jazzkreisen.“ Im Oktober stieg er aus der Davis-Band aus, flog zu seinen Eltern, die inzwischen in Florida lebten, wo er sich erholte. Nach New York zurückgekehrt, entstand ein weiteres Riverside-Album, Everybody Digs Bill Evans. Im März 1959 setzte er seine Zusammenarbeit mit Miles Davis fort. Über die Vorbereitung sagte Evans später in einem Interview:

„Miles bat mich damals vor der Produktion in sein Apartment. Er wollte eigentlich meine Komposition ‚Peace Piece‘ aufnehmen, doch ich regte an, gemeinsam nach einer zusammenhängenden Folge von Tonalitäten zu suchen und diese zu einem logischen Kreis zusammenzufügen. Das Ganze ergab dann ‚Flamenco Sketches‘. Zusätzlich entwarf ich die Melodie und die Akkord-Changes für ‚Blue in Green‘ und schrieb die Grundstrukturen für die anderen auf. Miles dachte, auf diese Weise könnten wir bei der Aufnahme Zeit sparen und die Band würde alles schneller verstehen. Im Studio war Miles dann in der Lage, die gesamte Gruppe mit den wenigen Fragmenten, den spärlichen Tipps und seinen minimalen Hinweisen zusammenzubringen. Wir schafften es, alle Stücke im ersten Anlauf aufzunehmen – so wie sie auf der Platte zu hören sind.“

Auf dem dann entstandenen Album Kind of Blue (1959) ist er mit Ausnahme des Stücks „Freddie Freeloader“, bei dem Wynton Kelly hinzukam, auf allen Stücken zu hören. Bemerkenswert ist hier nicht nur sein völlig eigener, neuer „Sound“, der wesentlich zum Charakter dieser berühmten Aufnahme beitrug, sondern auch seine Komposition „Blue in Green“. Miles Davis behauptete später, das Stück geschrieben zu haben, aber zumindest die Akkordfolge und das Arrangement stammten von Bill Evans sowie auch das Material für „Flamenco Sketches“ (in Gestalt von „Peace Piece“ spielte es Evans auf seinem Album Everybody Digs Bill Evans).

Bill Evans drückte seine Erfahrungen mit der Miles Davis-Band so aus:

„Für mich war es nicht nur eine musikalische, sondern auch eine persönliche Erfahrung, die mir sehr viel weiterhalf. Anfangs hatte ich das Gefühl gehabt, dies sei eine Gruppe von Übermenschen. Es änderte meine Perspektive, als ich herausfand, wie menschlich sie sind und auf welch angenehme Art sie mit musikalischen Problemen umgehen. In Miles’ Band wurde nicht viel geredet, sondern die Dinge ‚geschahen‘. Wir probten nie, alles ereignete sich während der Jobs. Bei Plattenaufnahmen bestand oft das Material zur Hälfte, gelegentlich sogar zur Gänze aus völlig neuen Dingen, die wir noch nie gespielt hatten. Wir sprachen es nur durch, probierten vielleicht gewisse Akkorde aus und dann nahmen wir es auf – meistens brauchten wir nur einen Take.“

1959–1961: Das Trio mit Scott LaFaro und Paul Motian

Davis half Evans auch dabei, mit seinem ersten eigenen Trio in der New Yorker Jazzszene Fuß zu fassen und Auftritte zu bekommen. So musste er sich bei einem Konzert neben Benny Goodman behaupten, der gerade ein fulminantes Comeback feierte; das Evans-Trio wurde als dessen Vorgruppe behandelt. 1959 lehrte er an der Lenox School of Jazz und nahm an der Aufnahme von John Lewis’ Filmmusik „Odds Against Tomorrow“ teil.

Nach Erscheinen von Kind of Blue war es für Evans zwingend, dass das Klavier-Trio für ihn die ideale Besetzung für sein kreatives Schaffen war; „Kreativität, wie er sie verstand, ließ sich dort besser realisieren“ als in einer größeren Formation mit Bläsern. Mitte 1959 begab er sich auf die Suche nach den geeigneten Partnern. Sein Trio fand sich 1959 bis 1961 mit dem Schlagzeuger Paul Motian und dem Bassisten Scott LaFaro, mit denen Evans Lieblingsstücke wie „Someday My Prince Will Come“, „Come Rain or Come Shine“, „Israel“, „Blue in Green“, „Waltz for Debby“ aufnahm, wobei die letzten beiden Kompositionen von Evans stammten – „Waltz for Debby“ spielte auf seine Nichte an. Sie erschienen auf den Alben Portrait in Jazz und Explorations. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere endete die Zusammenarbeit mit dem plötzlichen Tod von LaFaro 1961 bei einem Autounfall – nur zehn Tage nach den Village Vanguard-Aufnahmen des Trios am 25. Juni 1961. In diese Zeit fällt auch eine von Evans’ letzten bedeutenden Arbeiten als Sideman: Im Februar 1961 spielte er bei Oliver Nelsons Album The Blues and the Abstract Truth an der Seite von Eric Dolphy, Freddie Hubbard, Paul Chambers und Roy Haynes.

1961–1969: Die Zeit bei Verve Records

Evans zog sich für den Rest des Jahres zurück und konnte erst im Oktober 1961 von Orrin Keepnews überredet werden, wieder Musik aufzunehmen; er spielte bei zwei Stücken auf einem Album von Mark Murphy mit. Mit seinem neuen Bassisten Chuck Israels entstanden im Dezember Aufnahmen mit Herbie Mann (Nirvana). In den Monaten nach LaFaros Tod hatte Evans seinen Heroinkonsum gesteigert, was seine Rückkehr auf die Jazzszene erschwerte. Nach den Nirvana-Aufnahmen wurde Helen Keane durch die Vermittlung von Gene Lees seine Managerin, die bald darauf den Vertrag mit Verve Records einfädelte, nachdem das Label Riverside in finanzielle Schwierigkeiten geraten war.

Im April brachte der United-Artists-Produzent Alan Douglas Bill Evans mit dem Gitarristen Jim Hall zusammen, mit dem der dann im Duo das Album Undercurrent einspielte, „die feine Balance der Musik zeigt das außergewöhnliche Feeling beider Künstler, die ein beispielhaft ineinander verstricktes musikalisches Filigran erarbeiten.“ Hall wirkte im Juli 1963 auch an der ersten Evans-LP mit, bei der der Pianist ein größeres Ensemble um sich scharte, Interplay mit dem Trompeter Freddie Hubbard. Dann erschienen wieder zwei Alben für Riverside, How My Heart Sings! und das Balladenalbum Moon Beams (mit der Komposition „Re: Person I Knew“ als Anagramm auf Orrin Keepnews), mit seinem neuen Bassisten Chuck Israels. Dieser und auch Motian waren für Evans’ erste Verve-Aufnahmesitzung nicht verfügbar; sie fand daher mit Shelly Manne und Monty Budwig statt (Empathy).

Neben den Trio-Einspielungen verfolgte Creed Taylor für Verve auch andere Pläne: Er ließ Evans mit dreifach übereinander gelegten Improvisationen dank Overdub-Aufnahmetechnik mit sich selbst spielen; diese Technik hatte Lennie Tristano davor schon auf „Turkish Mambo“ benutzt. Für Conversations with Myself erhielt er 1964 den ersten von sieben Grammys. Creed Taylor kombinierte ihn auch mit der Musik Gary McFarlands und brachte ihn schließlich mit Claus Ogerman und seinem Orchester zusammen; auf dem Programm standen Film-Hits (The V.I.P.’s Theme), die dem Pianisten jedoch kaum Raum zum Improvisieren ließen. Nach dem Ausscheiden Taylors bei Verve wurden solche kommerziellen Projekte mit dem Pianisten nicht mehr verfolgt.

Neben seinen regulären Trios arbeitete Evans auch mit Monica Zetterlund (1964) und Jeremy Steig (What’s New, 1969) zusammen. Mit Lee Konitz gastierte er 1965 auf den Berliner Jazztagen und ging mit einem Quartett, in dem neben Konitz auch Niels-Henning Ørsted Pedersen und Alan Dawson spielten, anschließend auf eine Europatournee. Bassist Israels wurde 1966 von Eddie Gomez abgelöst, mit dem er dann elf Jahre zusammenarbeitete (bis zu den Aufnahmen für You Must Believe in Spring 1977), wobei ein Höhepunkt die Live-Aufnahmen vom Montreux Jazz Festival 1968 waren.

In diesem Jahr wirkte Evans auch an einer musikalischen Gedenkfeier zur Ermordung Robert Kennedys teil, bei der er Ogermans „Elegia“ spielte, eine Trioversion von „Time Remembered“ und einen Solovortrag seines „In Memory of His Father“. In diese Zeit fiel auch die Suche nach einem Schlagzeuger für sein Trio; nach Zwischenspielen von Philly Joe Jones 1962, Shelly Manne 1963 und 1966, Larry Bunker 1964/65, Arnold Wise 1966 und Jack DeJohnette 1968 fand er e...

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